Während ich an langen Sommertagen faul auf der Wiese liegend dem süssen Nichtstun frönte, spielte meine Seele den Sehnsuchtswalzer am Klavier. Mein Blick glitt über die Wasseroberfläche, die am Ende des Horizonts nahtlos in Himmel überging und das Irdische mit dem Himmlischen verbinden wollte. Und während sich meine Zehen durch das neckische Kitzelspiel der Grashalme den Wellen am Strand gleich kräuselten, zog meine Seele heimlich aus und löste ein einfaches Ticket nach dem Niemandsland meiner Sehnsüchte.

In traumwandlerischem Delirium öffnete sie die geheime Schatzkammer unerfüllter Zukunftsträume und das Vergangenheitsarchiv schlafender Erinnerungen. Über die Brücke, die das Hier mit dem Dort verbindet hinweg, sehnten sie sich nach einem Ausflug ins Leben. Ich war hier an den Gestaden des Sees und reiste im ¾ Takt meines unbeherrschbaren Seelenwalzers, in emotionaler Begierde nach dorthin, wo ich Raum und Zeit überwinden konnte, und im statischen Spannungszustand lebte, der eine Brücke aufrecht zu erhalten vermag.

Hungrige Blicke hüpften verzückt zwischen einem berauschenden Reflektionsspiel des Lichts und einem anderen glitzernden Reflex auf dem Wasser, bis ein flüsternder Wind, mich mit einer weiteren Erinnerung beschenkte. Da war er wieder, in seiner unverkennbaren Einzigartigkeit, der Duft seiner Haut, der sich mit der würzigen Seeluft vermischte. Und wie von Zauberhand geführt, zeichneten meine Lippen sein neckisches Lächeln in mein Gesicht, während unverhofft in einer Erinnerungsperle sein spritziger Geist in spitzbübischer Absicht, durch die warme spätsommerliche Brise hindurch, mit einem kleinen grünen Blatt spielte, das mit schmunzelnder Frohnatur, einen wirbligen Lufttango hinlegte.

Meine Augen verfolgten den leicht füssigen Gleitflug, bis das kleine Blatt als ein direktes Zeichen aus dem Jenseits, den Hauch seiner Berührung in meiner Hand zu mimen vermochte. Eine wehmütige Träne hinterliess mit feucht-salziger Handschrift eine nasse Spur auf meiner Wange und den Geschmack des Sehnens, der sich von Nichterfüllung nährt.

Endlich lenkt mich im Hintergrund das dumpfe Rauschen kleiner Wellen ab, die der feine Sand gierig verschluckt. Das Schimmern der Sonne beugt sich dem Flimmern des Mondes, das durch ein euphorisches silberfarbenes Glitzerfeuerwerk an der Wasseroberfläche empfangen wird.

Süss ist das Brennen in der Brust, das als Stimme meines Verlangens und als jene rebellische Kraft zu mir spricht, die sich gegen das Vergessen bäumt und jede noch so kleine Erinnerung, in reines Lebenselixier taucht. Die Leere füllt sich mit der Präsenz einer konturierten Erinnerung, die plötzlich dem Schattenspiel der Bäume entwächst, um sich im Walzer mit mir zu vereinen.

Es geschah in einer Nacht wie dieser, in einer schwülen, sternenbehangenen Sommernacht. Der Geruch feuchter Erde wirkte dem launischen Platzregen nach und die Erinnerung an den doppelten Regenbogen, der sich majestätisch über dem goldenen Kirchenturm, wie das grösste Zirkusspektakel der Welt spannte, trieb und treibt mich noch immer auf die farbigste Rutschbahn des Himmels.

In den Klängen dieser Sommernachtsmelodie, ruft die Mutter allen Sehnens, die Bilder und Regungen hervor, die still in mir nisten und dein Dasein als Erinnerung ins Leben rufen.

Als mich die Nachricht unter dem irisierenden Farbenspiel der Regenbogengeschwister erreichte, lernte ich, dass Sehnsucht grösser als das Leben selbst ist und über die Täler der Zeiten wandern kann, bis ans Ende aller Zeit. Damals begriff ich, dass meine Sehnsucht eine Zigeunerin ist, die nach Genuss und Erfüllung strebt.

Die Grillen singen in rauschendem crescendo. Ihr wildes Getriller überragt das Rauschen der Wellen neben mir. Grillenmännchen in der Nachtlandschaft, die ihre Flügel wetzen, um ihr Weibchen zu locken. Ihre Liebessonate ist leidenschaftlich und die Luft ist schwanger mit dem lustvollen Balggesang, der nur durch meine Sehnsucht, nach einer weit entfernten lauen Nacht in Rom, mit dir mein Herz, wachruft.

© Text: Luana Sacchetti Artist Blog